Die Ökobilanz von Milchersatz-Produkten
Im Vegan-Regal unserer Grossverteiler sind sie längst angekommen: Milchersatzprodukte für den Kaffee, fürs Einweichen unserer Cereals und sogar fermentiert in Form von Käse-Lookalikes. Tut man mit dem Konsum dieser Produkte wirklich etwas fürs Klima?
Kurze Antwort: Ja aber
Für den Konsum von industriell produzierter Milch und daraus erzeugten Produkten gibt es nur einen Grund: Klima, Umwelt und Tiere sind einem weniger wichtig als der Genuss. Der Schreiber dieser Notiz ist mitschuldig – so oft wie möglich, aber nicht immer kaufe ich Demeter- oder Bio-Qualität, weil das einfach für eine Familie sehr teuer zu stehen kommt. Dabei ist mir völlig klar: Die Haltung von Nutztieren und die Verarbeitung ihrer Milch ist eine (trotz jahrhundertelange Tradition) ethisch fragwürdige unglaublich aufwändige Art der Herstellung von Kalorien. Denn überall wird jede Menge Energie benötigt, angefangen beim Anbau des Futters über dessen Transport zum Bauern bis zum Abtransport der Gülle, die bei der Kuh nach dem Fressen hinten raus kommt. Nicht zu vergessen, dass auch die Milch fleissig in der Gegend rumtransportiert wird, bis sie endlich zu einem eigentlich viel zu tiefen Preis im Regal des Grossverteilers steht. Und bekanntlich ist Energieverbrauch schlecht fürs Klima. Von den Auswirkungen der reinen Existenz der Kühe mit ihren methanhaltigen Verdauungssystemen wollen wir nicht mal reden. Also: Je weniger Milch und Milchprodukte, desto besser. Und wer im Alltag Ersatzprodukte brauchen kann, sollte das tun.
Etwas anderes konsumieren statt Ersatzprodukte kaufen
Allein, und es sei für einmal persönlich gesagt: Die meisten anderen Milchersatzprodukte schmecken mir nicht. Veganen Käse finde ich sogar einfach nur schrecklich. Das braucht aber zum Glück auch niemand. Wer im veganen Kochen Ehrgeiz entwickelt, kann sich heute in tollen Kochbüchern weiterbilden. Am 5. April eröffnet in Zürich mit dem «Cor» von Zizi Hattab sogar eine vegane Wein- und Tapasbar nach katalanischem Vorbild. Und die bekannte Köchin ist keine Freundin von Ersatzprodukten, sondern sucht immer den kulinarisch besten, dabei jedoch simpelsten Weg zum Genuss. Auf die veganen Tapas bin ich sehr gespannt.
So einfach ist es dann doch nicht
Aber zurück zum Umwelt-Nutzen des Konsums von Milchersatzprodukten: Hier gilt es zu differenzieren, wie eine aufwändige wissenschaftliche Studie des WWF schlussfolgert. Liege der Fokus des Konsumenten nur auf der Reduzierung des eigenen Beitrags zum Klimawandel, so seien alle untersuchten Pflanzendrinks empfehlenswert als Substitut für Kuhmilchgetränke. Aber: «Die Ergebnisse zeigen, dass selbst bei einer vollständigen Umstellung von Kuhmilch auf pflanzliche Drinks das Reduktionspotential recht gering ist. Zudem ist eine solche Verhaltensänderung aktuell mit deutlichen finanziellen Mehrkosten verbunden und ist daher nicht für alle Konsument:Innen möglich. Ausserdem: «Viele der in der Schweiz vertriebenen Pflanzendrinks werden im EU-Ausland hergestellt. Die Belastungen insbesondere hinsichtlich Strombedarf bei der Verarbeitung und Transporten für den Import sind deshalb relativ hoch. Für in der Schweiz produzierte Pflanzendrinks könnten diese Belastungen noch etwas sinken.» Nährstoffe, wie sie in der Milch enthalten sind, werden den Ersatzprodukten übrigens zugefügt.
Eine News aus der Schweiz und ein Fazit
Wie kürzlich zu lesen war, will die Migros demnächst Kartoffelmilch auf den Markt bringen; zunächst ein Produkt aus Schweden – Vorbehalte siehe oben – aber mit der Aussicht auf eine eigene Produktion, wenn das Konzept erfolgreich ist. Und hier kommen wir vermutlich in den Bereich, wo der Einsatz von Substituten für Milch wirklich Sinn ergibt. Bis dahin würde ich sagen: Bio-Milch und Produkten sind für Kinder wirklich sinnvolle Ernährung, weil einigermassen naturnah und sehr nährstoffreich. Als erwachsener Mensch sollte man dann auf Ersatzprodukte umstellen. Sie helfen zwar dem Klima nicht entscheidend weiter, sind aber auf jeden Fall ethisch besser.
Die detaillierte wissenschaftliche Studie zu den unterschiedlichen Milchersatzprodukten ist hier zu finden.