Sind Pilze die besseren Rinder?

Magazin

Könnten Pilze die Zukunft der nachhaltigen Ernährung sein? Sind sie vielleicht die besseren Rinder, wenn es um Nährstoffgehalt, Umweltfreundlichkeit und kulinarisches Potenzial geht? Ihre vielfältigen Eigenschaften und der ressourcenschonende Anbau machen sie zu einem echten Gamechanger – doch nutzen wir ihr volles Potenzial schon aus?

In rauen Mengen und meist regional angebaut, stets verfügbar und ein gesundes Lebensmittel: Das sind Champignons. Nur: Der Volkswagen unter den Speisepilzen fristet in der Regel ein Dasein im küchentechnischen Halbschatten. Beim Grossverteiler wird er nur allzu oft mit einem «Reduziert»-Kleber versehen, weil sie nun mal nicht lange haltbar sind. Diese negative Stimmung hat er nicht verdient. Wie die allermeisten Pilze enthalten Champignons wertvolle Proteine und Mikronährstoffe (auf gut Deutsch Spurenelemente). Ihr Trägermaterial Chitin ist nicht verdaulich und dient dem Darm als unentbehrlicher Ballaststoff. Wer sich fleischarm oder fleischlos ernähren will, verwendet gerne den preiswerten und stets verfügbaren Champignon. Aber eben: Es bleibt meist beim Ersatz, beim Füllstoff. Ganz anders in Japan, wo der umamihaltige Shiitake ein Kult-Pilz ist und schon seit über 2000 Jahren gezüchtet wird. Wir kennen ihn als wichtige Zutat zur beliebten Ramen-Suppe. Ebenfalls aus Asien stammt eine Reihe anderer wichtiger Speisepilze, mit dem Enoki als spannendstem Vertreter sowie Shimeji und dem Austernpilz in der zweiten Reihe.

Pilzzucht ist im Trend

Pilze enthalten wertvolle Mikronährstoffe, von Kalium über Eisen und Selen bis zu Zink. Auch viele wichtige Vitamine sind enthalten. Aus Sicht des Bodens und des Klimas haben Pilze einen weiteren grossen Vorteil: Ihr Anbau benötigt wenig Ressourcen. Zuchtpilze wachsen auf Holzabfällen oder auf Strohballen, zersetzen diese dabei zu Kompost und speichern dabei jede Menge CO2. Dementsprechend sind Zuchtpilze aus der Schweiz im Windschatten des Champignons trendy geworden, wie der «Schweizer Bauer» verlauten lässt. «Im Durchschnitt essen Schweizerinnen und Schweizer 1,5 kg Pilze pro Jahr bei leicht steigender Tendenz», sagt Nicole Badertscher, Geschäftsführerin der Schweizer Pilzproduzenten (VSP) in einer letztes Jahr erschienenen Geschichte. Sie empfiehlt neugierigen Pilzfans, sich auf die Suche nach spannenden Betrieben zu machen: «Wer aussergewöhnliche Edelpilze will wie Zitronenseitling, Rosenseitling oder den Igelstachelbart, wendet sich an die Start-ups und kleinere regionale Produzenten. An die Firma Ostschweizer Pilze zum Beispiel, an Regio-Pilz in Oberrieden ZH oder an Fungi Futuri in Steffisburg BE.» Weil der Fleischkonsum tendenziell sinkt, verlegen sich mehr landwirtschaftliche Betriebe auf die Pilzzucht.

Wie man Pilze kocht

Bei der Zubereitung von Pilzen gibt es einen wichtigen Trick: Zunächst sollte man sie in der Pfanne (idealerweise nicht beschichtet, weil die Temperaturen recht hoch werden) ohne Fettzugabe scharf anrösten und ihnen schon mal einen Teil des enthaltenen Wassers entziehen. Haben sie ein bisschen Wasser gezogen, kann man fein geschnittene Zwiebeln beigeben und weiterrösten. Wer schon mal Krustentiere wie Crevetten oder Krebse für einen Fond angebraten hat, wird den Duft erkennen, der sich ausbreitet: Er stammt von geröstetem Chitin, aus dem auch die Panzer der Wassertiere bestehen. Nun erst sollte das Fett zugegeben werden. Anschliessend kann man mit etwas Weisswein ablöschen, die Pilze aus dem entstandenen Sud abseihen und diesen einkochen. Nimmt man dafür Rahm, hat man schon eine sehr feine Sauce für Polenta oder Pasta. Man sollte die Zugabe von etwas Säure (Zitronensaft) am Schluss nicht vergessen und mit frischen Kräutern garnieren. Wer nur für einen Besuch im Supermarkt Zeit hat, kauft die verfügbaren Sorten und mischt sie, damit der Geschmack etwas abwechslungsreicher ist. Auf Wochenmärkten ist die Auswahl oft grösser und vor allem frischer als im Supermarkt.

Den Wald den Bäumen überlassen

Wer über genügend Musse verfügt, kann sich während der Pilzsaison in den Wald aufmachen. Die Pilze in freier Wildbahn – wie das deutsche Zentrum für Ernährung auf seiner Webseite schreibt, sind derzeit auf der ganzen Welt rund 100'000 Pilzarten bekannt – sind Symbionten von zahllosen Pflanzen und helfen diesen beim Wachsen! Ihre Wurzelwerke oder Mykorrhiza könnten noch viel mehr dazu beitragen, mittels Speicherung von CO2 den Klimawandel einzudämmen … wenn man sie denn liesse. Pilze und ihre empfindlichen unterirdischen Netzwerke sind von der Ausdehnung des menschlichen Siedlungsgebietes und dem Klimawandel bedroht. Weil ohnehin nur ein Teil der Wildpilze essbar und ihr Genuss immer mit einem Risiko verbunden ist, empfehlen wir Zuchtpilze. Ebenfalls empfehlen wir, sich der Community von Soil to Soul anzuschliessen. Hier wirst du regelmässig über neue kulinarische Tendenzen und über klimafreundliche Lebensmittel informiert. Denn Soil to Soul sorgt mit einer ganzjährig aktiven Plattform dafür, dass eine genussvolle, boden- und klimabewusste Ernährung für immer mehr Menschen alltäglich wird.

Stehst du auch so auf Pilze?

Bei unserem diesjährigen FoodLab gibt es spannende Workshops und köstliche Dinners - und Pilze stehen im Fokus. Vier Wochen lang entwickeln wir dort für euch gemeinsam mit talentierten Jungköchinnen und Jungköchen und vieler der renommiertesten Köchen und Köchinnen des Alpenraums neue, innovative Gerichte.
Schau doch mal vorbei!

DIESE BEITRÄGE KÖNNTEN DICH AUCH INTERESSIEREN: